Do 11.06.2015, 20:15 Uhr

Hervé Joubert-Laurencin: „Accatone, Bettler des Lebens“
Vortrag in französischer Sprache mit deutscher Simultanübersetzung

Hervé Joubert-LaurencinWenn man daran denkt, dass Dante von sich selbst sagte (im Bankett) dass er auf der Suche nach der Sprache des Volkes sei, „umherwandernd, fast wie ein Bettler, in all den Gefilden, wo sich die Sprache ausbreitet, die wir die unsere nennen“ (peregrino quasi mendicando), und wenn man ferner daran denkt, dass Walter Benjamin bei Baudelaire die Figur des Lumpensammlers aufspürte, dessen Betrunkenheit sein mediokres Schicksal als kümmerlicher Einsammler von Abfällen in ein glanzvolles Abenteuer verwandelt, dann wird man besonders hellhörig für den buchstäblichen Sinn des Filmtitels Accatone, der „Bettler“ bedeutet, wo der Titelheld doch ein Zuhälter ist.

Pasolini macht aus dem fahlen Schicksal von Accatone eine antike Tragödie. Pasolini, der Drehbuchautor von Notti di Cabiria und La Dolce vita, und der Pasolini von Accatone und Alì agli occhi azzurri ist selbst ein Pilger, der die dunklen und rauschhaften Seiten des Lebens erkundet, eines Lebens, das mit dem Verschwinden der Glühwürmchen im Lauf der 1960er Jahre ebenfalls aus den Hügeln der römischen Vorstädte verschwindet.

Hervé Joubert-Laurencin ist Professor für Filmwissenschaft an der Universität Paris Ouest Nanterre La Défense.

ACCATTONE
Accattone – Wer nie sein Brot mit Tränen aß

Italien 1961. R: Pier Paolo Pasolini
D: Franco Citti, Franca Pasut, Silvana Corsini. 120 Min. 35mm. OmeU

ACCATTONE

„Accattone“ ist der Spitzname eines jungen Mannes aus der römischen Vorstadt, der, ohne selbst irgendetwas zu tun, auf Kosten der Prostitutierten Maddalena lebt. Als die junge Frau im Gefängnis landet, findet sich auch Accattone in einer üblen Lage wieder. Sein Versuch, wieder Kontakt zu seiner Frau aufzunehmen, scheitert. Accattone verliebt sich in die naive Stella und beschließt, eine Arbeit zu suchen. Aber die Anstrengungen des Berufslebens hält er nicht einmal einen Tag lang durch und er versucht sein Glück mit Diebstählen. Doch die Polizei hat ihn bereits im Auge. Pasolini besetzte seinen Debütfilm mit Laiendarstellern aus römischen Vororten.

Mitschnitt der Veranstaltung

Teil 1: Einführung und Vortrag

Teil 2: Diskussion nach dem Film

 

Goethe-Universität Deutsches Filmmuseum